König Lear

CHF 20.00

Beschreibung

Belletristik, Jugendbuch

von Bruno Blume
48 S. | mit 6 ganzseitigen sw-Illustrationen von Anke Feuchtenberger
18,6 x 29,6 cm | Klappenbroschur
kwasi verlag 2016 || 20 Fr. | 19 €
ab 14 Jahren und für Erwachsene
ISBN 978-3-906183-21-3

Autor und Illustratorin

Bruno Blume ist in der Schweiz aufgewachsen. Seit 2001 sind 28 Bücher von ihm erschienen, von denen viele ausgezeichnet und übersetzt wurden. Er hat fünf Kinder und lebt – nach einigen Jahren in Italien und Deutschland – in Luzern.

Anke Feuchtenberger ist 1963 in Ostber­lin geboren, studierte an der Kunsthoch­schule Berlin Weißensee. Sie ist Professorin für Zeichnen an der HAW Hamburg und lebt als Mutter und Groß­mutter in Ham­burg und Vorpommern.

Rezensionen

„Blume präsentiert Lesarten der Stücke für erwachsene Shakespeare-Fans und entdeckungsfreudige Jugendliche […] lässt dabei tief in die Seelen von Shakespeares Frauenfiguren blicken. […] Blume inszeniert starke Frauen – und hat sich fünf starke Künstlerinnen an seine Seite geholt. Es sind ihre Bilder, die dieses Projekt besonders und die eine Auseinandersetzung auch ausserhalb des Literaturunterrichts reizvoll machen. Denn mit ihren unterschiedlichen llustrationsstilen und Blickwinkeln legen auch sie neue Lesarten frei, indem sie sich von Althergebrachtem lösen, […] Akzente verschieben, […] Gefühlswelten in den Vordergrund rücken oder das Geschehen in unsere Zeit versetzen.“
marlene zöhrer, berner zeitung

„Ganz schön mutig: Der Schweizer Kinder- und Jugendbuchautor Bruno Blume hat im vergangenen, reich bespielten Shakespeare-Jahr Adaptionen der fünf späten Tragödien für interessierte jugendliche (aber auch erwachsene) LeserInnen vorgelegt […]. Neu, anders, besonders bei Blume: An die Stelle der Akte sind innere Monologe (mit eingearbeiteten Dialogen) getreten, welche die Handlung aus wechselnden Perspektiven erzählen und interpretieren, was Blume erlaubt, zu psychologisieren oder auch die weiblichen Figuren stärker zu akzentuieren. Die Hauptstränge der Plots sind zwar bewahrt, doch anders geflochten, Komplexität und Umfang der Originale […] reduziert. “
dr. deborah keller, buch&maus 1/17

Neurodiversität

Shakespeare lesen ist anstrengend, einerseits weil es Theaterstücke sind, andererseits weil viel Zeitcouleur und viele Nebenhandlungen drinstecken.
In dieser Ausgabe ist die Geschichte gestrafft, kleine Nebenrollen sind getilgt, Abschweifungen fehlen, die Taten der Figuren sind psychologisch begründet – ideal für Menschen im autischtischen Spektrum, die einfach der hoch aktuellen Geschichte folgen möchten.
Und benehmen sich die Töchter von König Lear nicht selber wie Autistinnen?

Beschreibung

Es beginnt wie im Märchen und endet mit der totalen Kata­strophe: Der alte König plant die Übergabe der Macht an die nächste Generation minutiös, ohne jedoch seine drei Töchter in die Entscheidung einzubinden. Sie sollen seinen Plan absegnen und für seine Rente aufkommen.
Das Konfliktpotential wird voll ausgeschöpft: Machtkampf, Generationenkonflikt, Geschwisterneid, Verweigerung, Verblendung, Verleumdung.

Drei Schwestern auf der Suche nach einem lebbaren Verhältnis zu ihrem Vater zwischen Hass und Liebe und Gleichgültigkeit.

Leseprobe

„Nein, die können mir nicht wegen Münzprägen. Ich bin der König.“
„Mylord, erkennt Ihr mich?“
„O lala. Goneril mit grauem Bart. Die haben mich wie Hunde fort und hätte weißes Haar im Bart. Der Regen kam, mich nass zu machen, und der Wind mich donnerte. Zu allem Ja und Nein. Ich habe sie geschmeckt, die falsche Schlange. Ihre Worte, o gelogen und ich nicht schüttelfrostgeschützt.“
„Mylord, wie viele Töchter habt Ihr?“
„Wenn ich so starre und die Hand erhebe, wie erbebt der Untertan vor mir! Zwei Schlangen, eine galliger, die andre auch. Was dein Verbrechen? Bist du Ehebruch? Der Bastard liebt nicht seinen Vater mehr als meine Töchter. Mich. Ich würd’s dir zeigen, aber ’s fehlen die Soldaten. Durch das Unter­höschen affektierter Damen. Ihre Lippen sagen Schnee voraus in ihrem Schritt. So eisig, eisig. Tugend, ja, ja! Bis sie Königinnen übers halbe Reich. So geile Luder sind’s hüftabwärts, noble Damen nur darüber. Brüste nie gesäugt ein Kind, wie sie eins waren. Löcher schwarz und schweflig brennt’s, versengte mich mit Stumpf und Stiel. Nimm deinen Sold.“
„Mylord, kennt Ihr Cordelia?“
„Niemand sündigt! Niemand, sag ich dir. Der Taschendieb wird stets erkannt durchs Loch im Lumpenkleid. Seide und auch Pelz verbergen jedes Laster vor dem Richterblick. Vergolde jede Sünde, und das Schwert des Rechts verfehlt sie klar. Bewaffne Sünde dann mit Lumpen, und ein Strohhalm fädelt mühelos sie auf. Drum kauft ihm Glasaugen, so sieht er besser als ein Richter. Will er mein Unglück beweinen, nimmt er meine Augen. Denn wenn wir geboren werden, schreien wir, weil wir auf diese Narrenbühne draufge­worfen wurden.“
Ich halt’s keine Sekunde länger aus. Eher sterbe ich, als ihn so zu lassen. Ärzte, Heiler, Magier, zeigt her Eure Künste. Zu ihm jetzt, auch mit zitternden Knien.
„Seht, kennt Ihr diese Dame?“
„Ich bin auf einem Rad aus Feuer festgebunden. Tränen kochen. Schmelzend Blei sind meine, meine Augen.“
„Wie geht es Eurer Majestät? Erkennt Ihr mich?“
„Du bist ein Geist, ich weiß schon. Wo bist du gestorben?“
„Weit, weit weg und lange, lange her.“
„Wo war ich da? Und wo bin ich jetzt? Ist’s heller Tag? Ich kann nicht schwören, dass dies meine Hand ist. Wollt, ich wäre sicher ich. Versichert.“
„Seht mich an, Sir. Segnet mich.“
„Verspott mich nicht. Bin achtzig. Alter Mann ohne Verstand. Tand. Sand von Dover. Kann mich nicht erinnern, wer ich bin. Wo bin ich. Wo hab ich zuletzt geschlafen. Aber ich, falls ich ein Mensch bin, denk, dass diese Dame müsst mein Kind Cordelia sein.“
„Und ich bin es, bin es.“
„Nicht weinen, Kind. Machst dich ganz nass. Sag, hast du Gift für mich? Ich nehm’s. Du hasst mich. Und mit Grund. Du ja, die nicht.“
„Keinen Grund, wirklich nicht.“
„Nachsicht. Bin verrückt. Kaputt.“
„Legt Euch schlafen, Vater. Schlaft Euch aus. – Bringt ihn ins Lager, und legt ihn auf mein Bett.“

Illustrationen

Zusätzliche Informationen

Der alte König Lear denkt rechtzeitig an die Über­gabe der Herrschaft an die Jüngeren. Er will sein Reich dritteln und seine Macht unter seinen drei Töchtern aufteilen. Als einzige Gegenleistung verlangt er das Bekenntnis zu ihm: Weil ihr mich liebt, ergo weil ich liebenswert bin, teile ich mit euch. Und weil ich das vorbildlich mache, behalte ich den Ehrentitel des Königs, und ihr müsst für mich sorgen bis zu meinem Ende. Lear will einen Teil der Macht behalten, aber die ganze Last abgeben. Und gefragt, wer von seinen Töchtern denn eigentlich die Macht übernehmen möchte, hat er auch nicht. – Keine der drei, so unterschiedlich sie sind, will und kann so leben.
Die Jüngste ist die Einzige, die ihn wirklich liebt – und verweigert sich dem Befehl, ihre Liebe zu erklären. Schon in dieser ersten Szene zeigt sich der Charakter des Vaters: Wer meine Bedingungen nicht erfüllt, verliert alles. Er enterbt und verbannt seine jüngste Tochter auf der Stelle! Die Mittlere möchte gar nicht herrschen. Ihr drängt er die Krone und das halbe Reich auf. Sie passt nicht in das väterliche duale Weltbild des Alles-oder-nichts. Die Frage nach ihrer Liebe beantwortet sie ausweichend: so wie meine große Schwester. Diese heuchelt schamlos und nimmt alles, was sie kriegen kann. Sie ist wie der Vater und richtet am Ende so wie er am Anfang über sich und die anderen.
Es zeigt sich der fundamentale Gegensatz von Kopf und Herz: Lear hätte seiner Jüngsten, die er am meisten liebt, nur zu gern alles gegeben, ist aber einem vagen Gerechtigkeitssinn gefolgt und hat das Gegenteil dessen gemacht, was er an sich als richtig empfindet. Alles weitere Scheitern, die Demütigungen und der verfrühte, unglückliche Tod sind die Folgen dieser Entscheidung.
Wie gehen wir mit unseren alten Eltern um? Mit ihrer Sturheit des Alters, dem nicht versiegenden Anspruch auf Gehorsam? König Lear steht als mächtiges Beispiel für unsere Eltern und für uns selbst in der Überzeugung, gute Eltern zu sein.

Zusätzliche Informationen

Gewicht 0.3 kg
Größe 30 × 21 × 0.5 cm

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